Sonntag, 3. Juni 2007

Skandal: Bundesratsausschüsse noch weit schlimmer als Schnüffel-Schäuble

Wie heise online (vgl. dazu auch hier) berichtet, sind „Bundesratsausschüsse für deutlichen Ausbau der TK-Überwachung", also flächendeckende Schnüffelei per Telefonüberwachung, sog. „Online-Durchsuchungen" und Vorratsdatenspeicherung:

„Fachgremien des Bundesrates sind unzufrieden mit dem heftig umstrittenen Regierungsentwurf zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen. Sie haben auf 53 Seiten Empfehlungen (PDF-Datei) für eine umfangreiche Stellungnahme der Länderkammer zu dem Gesetzesvorhaben vorbereitet, über welche das Plenum des Bundesrats in seiner nächsten Sitzung am Freitag in einer Woche entscheiden soll. Insgesamt sprechen sich die Fachpolitiker für eine deutliche Verschärfung der Vorlage aus."

Ein Horrorkatalog, der da präsentiert wird:

„So pochen der Rechts- und der Innenausschuss etwa auf die Ausdehnung der Verpflichtung von TK-Anbietern zur verdachtsunabhängigen Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten von sechs auf zwölf Monate."

Gerade erst hatte Frau Zypries es als „Erfolg" gepriesen, dass die Daten nur sechs Monate lang gespeichert werden sollen, diesbezüglich steht ohnehin eine Verfassungsbeschwerde bevor und nun soll dieser Wahnsinn auch noch eine doppelt so lange Zeit stattfinden? Es kann nur eine Antwort geben: Ein striktes „NEIN" zu jeder Art von Vorratsdatenspeicherung !!!

„Ferner soll ihrer Ansicht nach der Katalog der Straftaten, bei dem die Sicherheitsbehörde die Telekommunikation überwachen dürfen, umfassend um Delikte etwa nach dem Vereinsgesetz, dem Grundstoffüberwachungsgesetz, zusätzliche Sexualvergehen oder schweren Diebstahl erweitert werden."

Telefonüberwachung wegen Delikten nach dem Vereinsgesetz? Merken die Herrschaften eigentlich überhaupt noch irgend etwas? Oder bei Schwerem Diebstahl? Man sehe sich diesen Paragrafen einmal etwas genauer an, um zu erkennen, wie schnell ein einfacher Diebstahl zu einem schweren werden kann!

„Der Innenausschuss will zudem im Rahmen des Gesetzes eine Rechtsgrundlage für verdeckte Online-Durchsuchungen schaffen. Die entsprechende Bespitzelung von "Speichermedien über Telekommunikationsanlagen" soll bei allen Katalogstraftaten auf richterliche Anordnung hin durchgeführt werden dürfen."

Klar, „bei allen Katalogstraftaten" - des soeben erweiterten Katalogs, also z.B. Online-Schnüffelei bei Einbruchsverdacht (wer weiß, was man bei solchen Leuten sonst noch alles findet!).

„Für die Installation des benötigten "Trojaners" oder anderer Spionagesoftware sieht der Innenausschuss keinen Regelungsbedarf. Notwendige Beeinträchtigungen des Betroffenen durch typische Vorbereitungs- oder Begleitmaßnahmen seien durch die Norm gedeckt."

Ach, ja? Und wie soll das dann technisch funktionieren? Hier kommt wieder die geballte Inkompetenz zum Vorschein - oder soll die Online-Schnüffelei gänzlich ohne gesetzliche Regelung zur „typischen Vorbereitungs- oder Begleitmaßnahme" umdefiniert werden?

„Innen- und Rechtsausschuss wollen gemeinsam bei der Vorratsdatenspeicherung sicher stellen, dass ein Diensteanbieter Auskunft über den Inhaber einer dynamischen IP-Adresse auch zur einfacheren zivilrechtlichen Verfolgung etwa von Urheberrechtsverletzungen erteilen darf. Andernfalls würde der zivilrechtliche Auskunftsanspruch gegenüber Internetprovidern, wie er im Entwurf eines Gesetzes zur verbesserten Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vorgesehen ist, leer laufen."

Klar, bedingungslose Offenlegung von Nutzerdaten ohne behördliche Kontrolle, damit die bösen Filesharer endlich mit Prozessen überzogen werden können - so hilft die Staatsacht dem Kapital, oder wie?
...
„Weitere Anregungen kommen vom Innenausschuss. Er stößt sich etwa daran, dass künftig auch bei der TK-Überwachung Aufzeichnungen aus dem Kernbereich der privaten Lebensgestaltung unverzüglich zu löschen sein sollen, so diese "allein" bei einem Kommunikationsvorgang anfallen. Die bundesweit eingesetzte Technik lasse derzeit keine Ausradierung einzelner Aufzeichnungspassagen zu."

Letzteres ist m.E. schlichtweg gelogen!
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„Dem Rechtsausschuss liegt noch am Herzen, die vorgesehene Verpflichtung der Staatsanwaltschaft, nach Beendigung einer Telekommunikationsüberwachung das anordnende Gericht über Verlauf und Ergebnisse zu unterrichten, zu streichen."

Klar, wäre ja auch noch schöner, wenn man über die ungehemmte Schnüffelei dann auch noch Bericht erstatten müsste.

Vor 20 Jahren, zu Zeiten der Volkszählung, hätten derartige Begehrlichkeiten eine Revolution ausgelöst - und heute ???

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Moin moin,

grade erhalten, werde ich versuchen an die "Ich hab doch nix zu verbergen Spinner" zu versenden.
Vielleicht hilfts ja.

http://panopti.com.onreact.com/swf/index.htm

Haben sie das mit der Sozialsphäre" auch schon gelesen? Unglaublich, die drehen langsam alle am Rad.

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/25/25421/1.html

MfG corax

Anonym hat gesagt…

Da fragt man sich wirklich, was noch alles kommt, wenn die entsprechenden Gremien sich weiter so hochschaukeln und scheinbar sämtliche Grenzen überschreiten, die noch zu gelten schienen. Ich hab mir die entsprechenden Passagen auch mal durchgelesen und war (negativ) beeindruckt, wie man es schafft, die bisherigen Vorstellungen von Schäuble und Konsorten noch zu toppen.

J. Melchior hat gesagt…

Der von corax erwähnte Flash-Film ist wirklich sehenswert!.

Anonym hat gesagt…

Die spinnen, die Römer.