Mittwoch, 18. April 2007

Zypries - Volksverdummung á la Schäuble & Co

Bei allem Entsetzen über einen Innenminister, der offensichtlich jegliche Bodenhaftung verloren hat und wohl von massiver Paranoia und/oder einem posttraumatischen Syndrom getrieben, täglich neue Frontalangriffe auf die grundgesetzliche Ordnung fährt, sollte eines nicht vergessen werden:

Die Gesetzesvorlage zu dem gigantischen Schnüffelprojekt namens „Vorratsdatenspeicherung", das heute im Kabinett beschlossen wurde, stammte nicht von unserem Oberschnüffelminister, sondern von der Justizministerin, Frau Zypries.

Speziell eine Passage in der Pressemitteilung ihres Ministeriums

„Neuordnung der verdeckten Ermittlungsmaßnahmen im Strafverfahren - mehr Grundrechtsschutz als bisher"

zeigt allerdings deutlich erhebliche Verharmlosungs- und Verdummungstendenzen á la Schäuble & Co.:

„Weil verdeckte Ermittlungsmaßnahmen aber regelmäßig in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger eingreifen, müssen für ihre Anordnung strenge Voraussetzungen gelten und der Rechtsschutz so weitreichend wie möglich ausgestaltet sein. Deshalb sorgen wir mit der Neuordnung für einheitliche Anordnungsvoraussetzungen, bauen Verfahrenssicherungen ein, verbessern die nachträglichen Rechtsschutzmöglichkeiten und stärken auf diese Weise den Grundrechtsschutz der Betroffenen erheblich", sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries in Berlin."

Im Klartext: Wir beschließen ein höchst umstrittenes Gesetz, das ganz erheblich in die Grundrechte der Bürger eingreift und dessen Verfassungskonformität mehr als zweifelhaft ist, schaffen aber auch „nachträgliche Rechtsschutzmöglichkeiten" (was das konkret sein soll, findet sich auch auf der Seite - auf den ersten Blick schlicht unpraktikabel) und nennen das dann volksverdummend „erhebliche Stärkung des Grundrechtsschutzes der Betroffenen"

Hierbei verschweigen allerdings wir ganz dezent, dass „Betroffene" dieses gigantomanischen Projekts keineswegs nur die bösen Schwerverbrecher, Kinderschänder und Terroristen sind, sondern schlicht alle Bürger und Betriebe der BRD, denn schließlich speichern wir ja die gesamten Telekommunikationsdaten aller Telekommunikationsteilnehmer.

Da verzichte ich doch lieber auf den nachträglichen Rechtsschutz und schließe mich den geplanten Maßnahmen zum vorbeugenden Rechtsschutz gegen diesen Wahnsinn an, insbesondere den geplanten Verfassungsbeschwerden.

P.S. Der Text der Pressemitteilung stammt zwar schon vom o8.11.2006, der Unfug vom „nachträglichen Rechtsschutz" wurde heute aber wieder als Zypries’ Äußerung über die Medien verbreitet, ist also aktuell.

P.P.S.: Vgl. auch schon den unsinnigen Versuch des innenpolitischen Sprechers der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ralf Göbel, das von W.i.b.a.S. geplante Herumbasteln an Art. 13 GG als „Erweiterung des Grundrechtsschutzes" zu verkaufen.

Nachtrag: Eine ausführlichere Geschichte zu Frau Zypries' unrühmlicher Rolle findet sich bei TELEPOLIS. Fazit: "Die Aussagen der Bundesjustizministerin sind, in Bezug auf die Vorratsdatenspeicherung, zunehmend von Ablenkungsmanövern und Auslassungen geprägt. Frau Zypries hat, was die Speicherung der Verkehrsdaten bei der Telekommunikation angeht, eine wichtige Rolle gespielt und die umstrittene Maßnahme stets vorangetrieben und verteidigt. Dass nun, bei zunehmendem Widerstand, die Bundesjustizministerin dies durch rabulistische Taktiken entweder verschweigt oder gar die wenigen positiven Veränderungen in Bezug auf die Telekommunikationsüberwachung herausstellt, um den Kabinettsbeschluss insgesamt als Ausbau der Bürgerrechte zu vermitteln, zeigt, dass einerseits starker Informationsbedarf besteht, andererseits aber auch die Kritik an der Vorratsdatenspeicherung nicht ignoriert wird. Anders lässt sich Frau Zypries ungewohnte Bescheidenheit, was ihre eigene Rolle bei der Vorratsdatenspeicherung angeht, kaum erklären."

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

So dumm ist das Volk nun auch wieder nicht.

J. Melchior hat gesagt…

S. auch hier:

http://ra-melchior.blog.de/2007/04/18/vorratsdatenspeicherung_ihre_meinung_ist~2116133