Dienstag, 27. März 2007

BKA-Präsident: Online-Durchsuchung klappt ohne Schadsoftware

Man möchte ja fast begeistert sein, wie klinisch rein die Online-Schnüffelei ablaufen soll, die BKA-Präsident Ziercke bei einem Fachgespräch zu dem schönen Thema "Bürgerrechtsschutz im digitalen Zeitalter" (hört, hört) nach einem Bericht von heise online vorgestellt hat.

"Wir müssen keine Schwachstellen ausnutzen", orakelte Ziercke, es werde keine Schadsoftware eingesetzt und auch keine Bundestrojaner, also keine Applikationen, durch die sich Daten löschen oder verändern lassen würden. Hintertüren würden nicht offen gelassen. Es würden natürlich auch "nur bestimmte, identifizierte Dateien übertragen", nicht der komplette Inhalt von 300-Gigabyte-Festplatten. Allerdings werde eine Erkennung der Schnüffelkomponente durch Anti-Virensoftware durch die Verbreitung in Einzelfällen verhindert.

„Erkennung der Schnüffelkomponente durch die Verbreitung in Einzelfällen verhindern" - Ah ja, wie das gehen soll, möge unser Oberkriminalist doch einmal erläutern. Er machte zudem auch klar, dass es hier keineswegs nur um Terrorabwehr geht, sondern ganz offensichtlich um das Ausspionieren von über das Internet agierenden Tätern aller Art:

„Zugleich nannte Ziercke eine Reihe konkreter Fälle, in denen er eine Online-Durchsuchung für unbedingt erforderlich hält. Dabei geht es etwa um den Austausch von Informationen zu Sprengvorrichtungen, eine konkrete Anschlagplanung, die Unterstützung für den internationalen Dschihad und die Anwerbung für ein Selbstmordattentat über das Internet, Recherchen zu einem möglichen Landesverrat durch die Weitergabe von Konstruktionszeichnungen und das Aufklären von Umtrieben eines fremden Geheimdienstes. Ziercke nannte als Anlass für eine Online-Durchsuchung auch die Unterstützung für ein Terrornetz, bei denen der Verdächtigte Internet-Telefonie sowie E-Mail-Verschlüsselung nutze beziehungsweise im "Entwurfsmodus" online kommuniziere, also die E- Mail jeweils nur im Entwurfsordner im Web abgelegt und gar nicht versandt werde.

Einen Phishing-Fall zählte der oberste Kriminalbeamte der Republik ebenfalls mit auf, in dem der Versand der trügerischen Mails über ein Bot-Netz mit zehntausenden Rechnern weltweit erfolgt sei. In den genannten Beispielen ist laut Ziercke ein heimliches Vorgehen essenziell, um tatsächlich an die Täter-Netzwerke zu gelangen und diese nicht etwa durch eine offene Hausdurchsuchung bereits frühzeitig zu warnen. Zuvor hatte er sich wiederholt über den Anstieg von Straftaten im Bereich Kinderpornographie sehr besorgt gezeigt."

Fachleute, wie Mitglieder des CCC, der Informatikprofessor an der TU Dresden, Andreas Pfitzmann, Alexander Rossnagel vom Forschungszentrum für Informationstechnik-Gestaltung an der Universität sowie der Erlanger Strafrechtler Hans Kudlich warnten hingegen vor diesem weder technisch noch rechtlich einzugrenzenden Abenteuer.

Wolfgang-ich-bin-anständig-Schäuble begründet die angebliche Notwendigkeit der Schnüffelei mit der allgegenwärtigen - und evtl. auch zielorientiert geschürten - Terrorismusangst, Herr Ziercke mit diversen Straftaten, wo zur Kommunikation des Internet genutzt wird bzw. werden kann und Herr Wiefelschnüff mit Sauereien aller Art - ist jetzt noch irgendjemandem nicht klar, dass es hier schlicht um umfassende Überwachung geht?

P.S. Ein kleines Beispiel zur Kompetenz dieses und anderer Herren findet sich hier.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Noch mehr "Ziercke" gibt es bei Netzpolitik imRahmen eines Fachgespräches:
http://mellowbox.de/blog/archives/396